Der Konflikt zwischen den beiden Supermächten USA und China hat eine ernste Seite. Dabei geht es um wirtschaftliche Fragen, also um Zölle und Ausfuhrbeschränkungen, und natürlich politische Konflikte wie jenen um Taiwan. Aber die Spannungen haben auch eine tragikomische Komponente. In diese Kategorie fällt ein Brief, den der republikanische Abgeordnete Rick Scott aus Florida vor einigen Wochen an die US-Handelsdelegierte Katherine Chi in Washington schrieb. Scott beklagte sich in dem Schreiben, aus dem mehrere US-Medien zitierten, dass Zwiebeln in China mit menschlichen Fäkalien gedüngt und in Abwässern gezüchtet werden. Er berief sich dabei auf Youtube-Videos und Kochblogs. Deshalb sollten die USA sofort die Einfuhr von chinesischen Zwiebeln untersagen, forderte der Politiker.

Dass die Handelsbeauftragte von Präsident Joe Biden dem Wunsch nachkommt, wird nicht erwartet, zumal die Debatte über die Zwiebeln nicht ganz neu ist und unter anderem die University of Quebec das Produkt als unbedenklich einstufte. Die Spannungen zwischen Washington und Peking dürften diese Woche dennoch merklich zunehmen.

Wie zunächst das Wall Street Journal und danach mehrere weitere US-Medien übereinstimmend berichteten, will Präsident Biden noch diese Woche eine Reihe von neuen Zöllen auf Importe aus China verkünden. Am Dienstag folgte zu Mittag auch die offizielle Bestätigung. Symbolisch schwer ins Gewicht fällt dabei, dass die USA offenbar Zölle auf E-Fahrzeuge aus China vervierfachen wollen, auf 102,5 Prozent wie Bloomberg berichtete, einige andere Medien sprachen von 100 Prozent. Eine Erhöhung bestehender Zölle wird es auch bei Solarpanelen geben und zwar von 25 auf 50 Prozent. Bei Elektrobatterien steigen die Zölle von 7,5 auf 25 Prozent, höhere Tarife gibt es auch bei bestimmten Stahl- und Aluminiumprodukten, auch einige medizinische Produkte wie Schutzhandschuhe sind betroffen.

Autos werden im Hafen von Suzhou, China, für die Ausfuhr verladen.
AFP/STR

Der Schritt wird in engem Zusammenhang mit den anstehenden Präsidentschaftswahlen im Herbst gesehen. Der republikanische Kandidat Donald Trump kündigt im Wahlkampf an, sämtliche chinesische Einfuhren mit einem Zoll in Höhe von 60 Prozent belegen zu wollen, sollte er erneut ins Weiße Haus gewählt werden. Aktuell erheben die USA auf etwa zwei Drittel der Importe aus China Zölle, im Schnitt sind es um die 20 Prozent. Trump warnte sogar vor einem Blutbad in der US-Automobilindustrie, weil China neue Werke in Mexiko errichte, um von dort aus mit Fahrzeugexporten die USA zu überschwemmen.

Biden klingt im Wahlkampf inzwischen ähnlich scharf: Bei Auftritten in den umkämpften Bundesstaaten Pennsylvania und Ohio, die eine starke Industriebasis haben, versprach Biden, schärfer gegen angebliche Billigimporte aus China vorzugehen. So kündigte das Weiße Haus im April an, eine Anhebung der Tarife für Aluminium- und Stahlimporte von aktuell 7,5 auf 15 Prozent prüfen zu lassen. Die US-Administration werde zudem auf Mexiko Druck ausüben, um den Export chinesischer Waren in die USA über diesen Umweg zurückzudrängen.

Biden behält Trumps Zölle bei ...

Biden hat den unter Trump 2018 gegen China begonnenen Handelskrieg im Wesentlichen fortgeführt und eingefroren. Er eskalierte den Konflikt nicht weiter, entschärfte ihn aber auch nicht. Trump hatte 2018 begonnen, Zölle auf chinesische Produkte einzuführen. Die Tarife stiegen von vormals im Schnitt drei auf die erwähnten 20 Prozent an. Am Beginn nahmen die USA Waschmaschinen und Solarpaneele in Visier, danach auch Autos, Autoteile, Stahl und Aluminium. China ergriff selbst Gegenmaßnahmen. 2020 reduzierten beide Seiten die Zölle, um dramatischeren Schaden für die Wirtschaft abzuwenden.

Unklar ist noch, wie viele Produkte von den Maßnahmen umfasst sein werden, die Biden nun verkünden will. Hier kann das Weiße Haus die Maßnahmen temperieren, etwa wenn vom Umfang nur ein Teil chinesischer Exporte in die USA erfasst sind. Im vergangenen Jahr importierten die USA Waren aus China im Wert von fast 430 Milliarden Dollar (400 Milliarden Euro), das Handelsdefizit betrug dabei aus US-Sicht 280 Milliarden. Chinas Exporte in die USA haben nach 2000 rasant zugenommen und sind zuletzt stagniert.

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E-Autos mögen symbolisch bedeutsam sein, weil China ein aufstrebendes Produktionsland ist. Noch tun die Zölle China allerdings nicht wirklich weh. Der chinesische Exportboom hat die USA bisher nämlich nicht erfasst. Im Jahr 2023 exportierte China E-Autos im Wert von nicht einmal 400 Millionen in die USA. Auch Chinas E-Auto-Exporte nach Mexiko sind vernachlässigbar. Zum Vergleich: Aus der EU wurden im vergangenen Jahr batterieelektrische Fahrzeuge im Wert von 7,4 Milliarden Dollar in die USA verkauft. Der niedrige Anteil der chinesischen Fahrzeuge liegt auch darin begründet, dass die USA bereits einen Zoll von 27,5 Prozent auf chinesische Autos einheben. Allerdings: "Wenn die Politik nicht reagiert, ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis Chinas Elektrofahrzeuge gut positioniert sind, um entweder direkt über den Export oder indirekt über Reexporte aus oder Investitionen in Drittländern wie Mexiko auf den US-Markt zu gelangen", schreibt der Analyst Joseph Webster vom Atlantic Council, einem Washingtoner Thinktank, in einer Analyse.

... und geht in die Offensive

Die Maßnahme Washingtons reiht sich ein in eine zunehmend offensive Strategie der USA gegenüber China. Erst im April hat der Kongress ein Gesetz beschlossen, wonach der chinesische Eigentümer von Tiktok, Bytedance, vor die Wahl gestellt wird: Das Unternehmen hat neun Monate Zeit, seine US-Sparte zu verkaufen, oder Tiktok wird in den USA verboten. Die USA haben 2022 im Rahmen ihres Chips-Acts Milliardenförderungen für ihre Halbleiterindustrie auf den Weg gebracht. Das Gesetzespaket sieht auch vor, dass chinesische Chiphersteller nicht mehr durch US-Firmen beliefert werden dürfen. Die USA üben zudem Druck auf die Niederlande aus, damit der weltweit führende Hersteller von Industriegütern zur Mikrochiperzeugung, die niederländische ASML, sich aus China zurückzieht. Die Niederlande haben dem Konzern bereits die Ausfuhr einiger Maschinen nach China untersagt.

Währenddessen flankieren auch die Europäer diese Maßnahmen. Die EU-Kommission prüft gerade, ob staatliche Subventionen in China an Autobauer wie BYD den Wettbewerb verzerren. Die Kommission dürfte bereits festgestellt haben, dass das der Fall ist, offen ist nur noch, wie groß der Schaden bei den europäischen Autobauern ist, wie hoch also EU-Zölle auf E-Autos aus China sein werden. Aktuell heben die Europäer einen zehnprozentigen Importzoll ein. (András Szigetvari, 14.5.2024)