Demonstration mit Mladić-Plakat
Protest gegen die Srebrenica-Resolution in Banja Luka: Auf dem Plakat ist ein verurteilter Kriegsverbrecher zu sehen, der frühere Militärchef der bosnischen Serben, Ratko Mladić.
Foto: Reuters / Amel Emric

Anfang Mai steht die Weltgemeinschaft vor einer Entscheidung, die in der Balkanregion für gefährliche politische Töne sorgt: In der Generalversammlung der Vereinten Nationen soll über eine Resolution abgestimmt werden, die den 11. Juli zum Internationalen Tag des Gedenkens an den Völkermord von Srebrenica erklärt. 2025 jährt sich das Massaker an 8000 bosnischen Muslimen zum 30. Mal. Die Anerkennung dieses Datums wäre mehr als eine symbolische Geste; sie wäre auch ein Testfall für das kollektive Gedächtnis und die moralische Integrität unserer globalen Institutionen.

Erschreckende Kontinuität

Die heftigen Reaktionen aus Serbien und der bosnischen Entität Republika Srpska zeigen jedoch, dass die Vergangenheit noch immer ein Pulverfass ist. Sezessionsdrohungen und die Echos russischer Unterstützung werfen düstere Schatten auf die Region. Es ist eine kritische Zeit, in der die internationale Gemeinschaft beweisen muss, dass sie aus den Fehlern der Geschichte gelernt hat und bereit ist, für Stabilität und Gerechtigkeit einzustehen. Denn hier zeigt sich erschreckende Kontinuität: Die Weigerung, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen, kann als Fortsetzung des Krieges durch andere Mittel verstanden werden. Dieser Krieg wird nicht mit Bomben und Kugeln, sondern mit Erinnerungen und Bedeutungen geführt.

Diese Resolution, die bewusst keine direkte Erwähnung Serbiens oder der Republika Srpska enthält, wird dennoch als Aktion der "bösen" westlichen Staaten gegen die Serben dargestellt. Besonders beunruhigend sind die Reaktionen führender Politiker der Republika Srpska und Serbiens. Die Androhung einer Abspaltung von Bosnien und Herzegowina durch den Präsidenten von Republika Srpska, Milorad Dodik, sollte die Resolution verabschiedet werden, erinnert schmerzlich an die Drohgebärden der 1990er-Jahre.

Tausende bosnische Serben waren am vergangenen Donnerstag seinem Aufruf gefolgt und demonstrierten in Banja Luka gegen die Resolution. Dodik selbst leugnete dort den Völkermord, die Resolution findet er "inakzeptabel". Diese Rhetorik findet auch Rückhalt in Russland und Serbien, was die Sorgen nur verstärkt. Es ist eine gefährliche Illusion zu glauben, dass durch Nachgeben und pragmatisches Entgegenkommen eine Eskalation vermieden werden kann.

Sicherheit und Stabilität

Was benötigt wird, ist eine entschlossene Politik der Abschreckung. Die internationalen und lokalen Akteure müssen aus der Geschichte lernen und dürfen nicht zulassen, dass sich die Fehler der Vergangenheit wiederholen. Was wiederum bedeutet, dass man sich nicht nur auf die kurzfristige Vermeidung von Konflikten konzentrieren darf, sondern langfristige Sicherheit und Stabilität in den Vordergrund stellen muss.

Ein entscheidender Aspekt ist dabei der Umgang mit den politischen Führern der Republika Srpska. Sie interpretieren jeglichen Kompromiss als Schwäche, in der Vergangenheit führte das nur zu verstärkten Forderungen und Druck. Sanktionen und wirtschaftliche Einschränkungen, insbesondere vonseiten der USA, haben bereits gezeigt, dass sie eine wirksame Methode darstellen, um die Machtstrukturen in der Republika Srpska zu schwächen.

"Nicht zulassen, dass sich die Geschichte auf dem Balkan wiederholt."

Es ist also höchste Zeit, dass die internationale Gemeinschaft und die lokalen Akteure eine klare und unmissverständliche Botschaft senden: Die Zukunft der Region kann und darf nicht durch Nachgiebigkeit gegenüber unverhohlenen Drohungen geformt werden. Eine stärkere militärische Präsenz in der Region durch die EU-Mission Eufor und Nato könnte für langfristige Stabilität und Sicherheit sorgen.

Die Verantwortlichen in Bosnien und Herzegowina, aber auch in der internationalen Gemeinschaft, stehen vor einer entscheidenden Herausforderung. Sie müssen entschlossen handeln und dürfen nicht zulassen, dass sich die Geschichte auf dem Balkan wiederholt. Nur durch eine konsequente und klare Politik kann die Zukunft dieser Region gesichert werden. Das ist nicht nur eine Frage der Politik, sondern eine zivilisatorische Notwendigkeit. (Sead Turčalo, 25.4.2024)