Von vielen als ernsthafte Sportart betrieben, von manchen als Wirtshaus-Zeitvertreib belächelt: Dart scheidet die Geister. Das liegt vielleicht auch daran, dass viele (im Unterschied zu Abfahrtski oder Formel 1) denken mögen: So schwer kann das ja nicht sein, mit ein bisschen Übung. Nimmt man selbst die Pfeile in die Hand, merkt man aber schnell, dass deutlich mehr dahinter ist.

Denn beim Dart gilt häufig: knapp daneben ist weit am Ziel vorbei. Will man hohe Punktewerte erzielen und nimmt etwa die 20 ins Visier, kann es leicht passieren, dass man bei der benachbarten 1 landet. Wäre es bei gewissem Talentmangel dann nicht klüger, eher auf 16 zu zielen, das Feld ist immerhin von 8 und 7 flankiert? Oder gleich auf das Bullseye in der Mitte losgehen?

Dartspielerin Noa-Lynn van Leuven
Die 27-jährige Niederländerin Noa-Lynn van Leuven ist dieNummer sechs der Weltrangliste. Sie ist die erste Transgender-Dartspielerin und hat als solche im Dart-Sport auch für Unruhe gesorgt. Ist man nicht ganz so talentiert wie sie, hilft beim Punkten vielleicht eine Strategie.
Foto: IMAGO/Godfrey Pitt

Mehr Punkte mit der richtigen Strategie

Tatsächlich existiert eine wissenschaftlich erprobte Strategie, die einem Antworten auf diese Fragen liefern kann: Entwickelt wurde diese von Merlin Füllgraf und Jochen Gemmer von der Universität Osnabrück. Die beiden Theoretischen Physiker haben ausgerechnet, wie man beim Dart die meisten Punkte macht, und zwar unabhängig von der Spielstärke. Bis zu siebeneinhalb Punkte mehr pro Runde versprechen die beiden Wissenschafter mit ihrer auf dem Preprintserver Arxiv vorgestellten Methode.

"Wer mit dem Darten anfängt, lernt schnell zwei einfache Strategien: Immer auf die höchste Punktzahl – die dreimal-20 – oder auf die Mitte – das Bullseye – werfen", sagte Füllgraf. "Ob das aber wirklich sinnvoll ist, hängt davon ab, wie genau man zielen kann. Wer auf die dreimal-20 zielt, aber nur die 1 trifft, hat wenig von dieser Strategie."

Normalverteilte Treffer

Deshalb haben Füllgraf und Gemmer zu rechnen begonnen: Sie wollten herausfinden, auf welches Feld man zielen muss, um auch dann noch viele Punkte zu werfen, wenn der Pfeil am eigentlichen Ziel vorbeifliegt. Die Strategie basiert auf einer mathematischen Formel, die davon ausgeht, dass die Streuung der Pfeile einer Normalverteilung folgen. Außerdem wurde vorausgesetzt, dass es keine Bereiche auf der Scheibe gibt, in denen ein Wurf genauer ist als in anderen.

Dartscheibe mit Trefferverteilung
Profis gehen aufs Ganze, ihre Treffer bei dreimal-20 sind dunkelrot und eingekreist dargestellt. Anfänger und Anfängerinnen haben eher die Mitte im Visier. Ihre Erfolge sind hier farblich (je gelber, umso schlechter die Zielgenauigkeit) dargestellt.
Grafik: Merlin Füllgraf

Was diese Annahme betrifft, mag es in der Realität individuelle Unterschiede geben, räumen die Forscher ein. Doch insgesamt können sich die Ergebnisse sehen lassen: Die ausgetüftelte Methode lieferte im Vergleich zu einfacheren Strategien bis zu siebeneinhalb Punkte mehr.

Empfehlungen

Das Team empfiehlt somit folgende Vorgehensweise: Wer perfekt wirft, zielt natürlich auf die dreimal-20, aber solche Profis kommen sowieso ohne solche Tricks aus. Bei wem der Pfeil aber öfter etwas daneben geht, visiert besser auf den Bereich zwischen der dreimal-19 und dem Bullseye an.

Hier kommt es aber darauf an, wie gut die eigene Zielgenauigkeit ist: Wer noch ganz gut zielt, orientiert sich an der dreimal-19. Je schlechter die Präzision, desto mehr sollte man sich der Mitte nähern: Je ungenauer man wirft, desto mehr rückt das Ziel auf einer Linie, die in einem Bogen über die 7 und die 16 verläuft, immer näher an das Bullseye. Wer Probleme hat, die Scheibe überhaupt zu treffen, zielt deshalb weiterhin am besten grob in die Mitte.

Merlin Füllgraf beim Aufschreiben von Formeln
Wie man die Wahrscheinlichkeit zu punkten erhöhen kann, lässt sich berechnen, wie hier Merlin Füllgraf an der Tafel vorführt.
Foto: Stina Koch

Sieg oder Niederlage

Ein weiterer Tipp betrifft jene, bei denen der Wurf häufig zu hoch oder zu tief endet, also in der Vertikalen abdriftet. Werfer mit diesem Problem sollte eher nach links zwischen die dreimal-11 und das Bullseye zielen. Driften die Pfeile dagegen häufiger nach rechts oder links ab, ist es vorteilhafter, sich auf den Bereich zwischen dreimal-19 und Bullseye zu konzentrieren.

Wunder darf man sich freilich von der Methode keine erwarten. An der Gesamtstatistik, laut der ein Anfänger mit drei Darts im Durchschnitt ungefähr 30 Punkte erzielt (zum Vergleich: Bei Geübten sind es mindestens dreimal so viele), wird das nur wenig ändern. Bei einem konkreten Spiel jedoch, bei dem könnerische Chancengleichheit aufeinandertrifft, könnte die Strategie über Sieg und Niederlage entscheiden. (tberg, red, 25.4.2024)